Einige Ideen und Aspekte der Feldenkrais Methode

Unwillkürliche und nicht beachtete Bewegungsanteile wieder wahrnehmen zu lernen – und dadurch neue Wahlmöglichkeiten entdecken.

Was uns selbstverständlich geworden ist, kommt uns „natürlich“ und „richtig“ vor und wir machen es – ohne zu denken – immer wieder so (Wenn Sie mehrfach z.B. die Arme vor der Brust verschränken, zeigt dann immer die gleiche Hand nach vorne? Und wie merkwürdig fühlt es sich an, wenn Sie versuchen es anders herum zu tun?) – die Art wie wir etwas tun ist Teil unseres inneren Selbstbildes geworden, sie gehört zu unseren „vertrauten Fahrrinnen“ oder zu unserer Kultur (siehe auch Literaturhinweis Thomas Fuchs, „Leibgedächtnis und Lebensgeschichte“).

Wilhelm Ostwald, Nobelpreisträger

„Selbstverständlich ist mir nur noch das, über das ich noch nicht genauer nachgedacht habe.“
Wenn uns etwas „selbstverständlich“ geworden ist, dann spüren wir auch die Wahlmöglichkeiten nicht mehr, die wir bei diesem Handeln haben könnten und die wir dabei vielleicht nicht nutzen und die nicht selten die besseren Alternativen wären.

Lichtenberg

„Ein Knie geht einsam durch die Welt. – Es ist ein Knie, sonst nichts.“
Und dadurch erwägen wir selten, ob die Art und Weise, wie wir handeln, wie wir uns spontan bewegen und unseren Körper dabei einsetzen, etwas mit unseren Beschwerden zu tun haben könnte. Oder mit unserem Unvermögen uns weiter zu verbessern.

Fritz Perls

„Lernen heißt für mich immer Entdecken“

soSpüren WIE wir etwas tun …..

Kennen Sie den? Sprechstunde beim Arzt.

Patient: „Ich hab jedesmal solche Schmerzen, wenn ich erst den linken Arm zur Seite bewege, dann den rechten Arm nach hinten führe und dann mit beiden Armen einen Halbkreis mache“ Arzt: „ Und warum machen Sie so eine komische Bewegung?`“
Patient: „Ja wie ziehen Sie denn Ihren Mantel an?“

Haben Sie schon einmal genau beobachtet, wie sie ihren Mantel oder Jacke anziehen?

Bei einem Mann, der wegen Kopfschmerzen sowie Anspannungen und Schmerzen im Kiefer auf Vorschlag seines Zahnarztes kam, fanden wir heraus, dass er immer beim Lesen mit der Gleitsichtbrille stark nach unten schauen musste. Dabei dreht er seine Augen stark nach unten und hielt seinen Nacken aufrecht. Dadurch zog er unwillkürlich den Kiefer nach hinten, so dass er sich anspannte und die Muskeln im Nacken und am Übergang zum Kopf fest wurden. Er selbst konnte diese winzigen Bewegungen und Spannungsänderungen in Kiefer und Nacken zunächst nicht spüren. Als er durch das Hinspüren lernte diese Bewegungen zu spüren, konnte er mit der Zeit auch die ungünstige Kopplung ( sein Bewegungsmuster) zwischen Augenbewegung, Nacken und Kieferbewegung wieder so verändern, dass der Kiefer dabei entspannt blieb und die Schmerzen verschwanden.

Wenn wir entdecken, wie wir uns benutzen, oder überlasten, können wir für unsere Lebenssituationen mehr Wahl- und Entscheidungsmöglichkeiten entwickeln.

Neue Zusammenhänge entdecken

Wenn wir sensibel und aufmerksam werden auf bisher nicht beachtete Details im Körper und ihre Zusammenhänge, oder wie wir über etwas denken, dann können wir z.B. vernachlässigte oder überbelastete Körperpartien wieder entdecken.
Und in einem geduldigen Lernprozess vielleicht wieder Möglichkeiten finden, wie wir sie in unser Tun besser integrieren können.

K. Yoshigasaki (KI-Aikido Meister)

„Leben besteht aus Wahrnehmen und Handeln. Die meisten Menschen versuchen jedoch nur ihre Handlungen zu kontrollieren, und erkennen dabei nicht, wie wichtig die Wahrnehmung für ihr Leben ist. Das Handeln jedes Einzelnen hängt davon ab, wie er zu diesem Zeitpunkt sich selbst und die Welt wahrnimmt.“
Wenn wir z.B. etwas, das wir in der Hand halten, hin und her schütteln wollen oder hin und her drehen müssen, achten wir oft nur auf die direkt sichtbare Bewegung der Hand und des Unterarmes. Für eine Chemikerin, die zu Einzelstunden kam, war es eine Bewegung, die sie täglich hunderte Male machen musste und die bei ihr zu Entzündungen und Schmerzen im Ellbogen führten. Als sie in den Einzelstunden mit der Zeit besser spürte, wie der Kraft- und Bewegungsfluss bei diesen Bewegungen sehr viel weiter im Körper bis in Schulter und Rücken reichen kann, konnte sie ihr Bewegungsmuster verändern und das überlastete Gewebe um den Ellbogen entlasten, Daraufhin gingen die Schmerzen zunehmend zurück.

In unseren alltäglichen Bewegungen reproduzieren wir oft unwillkürliche Bewegungsmuster, die zu einseitiger Benutzung unseres Körpers führen können. Unwillkürliche Bewegungsanteile, die wir selbst nicht mehr spüren, können dann dazu führen, dass wir einzelne Körperteile überlasten und Nutzung anderer dabei „vergessen“.

„Fehler“ als kreative Quelle für neue Möglichkeiten – oder wie unsere Vorstellungen von uns selbst unsere Haltungen beeinflussen

Oft haben wir eine konkrete Vorstellung davon, welche Haltung oder Bewegung in einer Situation „richtig“ ist.

Moshe Feldenkrais

„Statt Fehler zu vermeiden, verwenden Sie sie lieber absichtlich als Alternativen für das, was Sie zunächst als richtig empfinden. Es könnte sein, dass Richtig und Falsch bald die Rollen tauschen.“
Oft haben wir eine konkrete Vorstellung davon (oder jemand hat uns gesagt), welche Haltung oder Bewegung in einer Situation „richtig“ ist.

Nach einer Stunde mit einer Frau, die wegen ihrer Rückenschmerzen zu mir gekommen war, bat ich sie, sich auf die Liege zu setzen und zu spüren wie sie sich jetzt fühlt. Von außen gesehen sah ihre Sitzhaltung leicht und aufrecht aus. Sie sagte ihr Rücken fühle sich entspannter an, und es sei jetzt angenehm und leicht zu sitzen. In diesem Moment machte sie eine winzige Bewegung, so dass sich ihr unterer Rücken etwas weiter nach vorn durchbog und sich ihr Brustkorb etwas hob und versteifte.
Auf eine Frage, ob sie die kleine Bewegung gespürt hätte, die sie eben gemacht hatte, verneinte sie. Auf die Frage wie es sich jetzt anfühlt, antwortete sie, jetzt sei ihr Rücken wieder mehr angespannt, aber jetzt sei sie „gerade“.
„Und wie war die Haltung vorher, als sie sich entspannter fühlten?“ fragt ich. Da habe ich mich „hängen lassen“. „und das war nicht ok?“ Aus diesem Dialog entwickelten sich noch mehrere Stunden mit der Fragestellung, was ist die für sie angemessene Haltung – für ihre Vorstellung von „gerade“ und „aufrecht“ und was die dazu angemessene Körperspannung.
Die, bei der sie sich zunächst „gerade“ aber angespannt fühlte, oder die, bei der sie sich leicht und gelöst fühlte, die aber in ihrem inneren Selbstbild („Sitz gerade“) mit „sich hängen lassen“ verbunden ist.

Marcel Proust

„Nicht irgendeine bestimmte oder beliebige Bewegung wird verbessert>, sondern der Prozess des Sich-Leitens“
eWie wirken unsere inneren Vorstellungen und Selbstbilder auf unsere Art uns zu halten und uns zu bewegen?
In den Bewegungslektionen der Feldenkrais Methode werden Sie öfter dazu angehalten, Bewegungen auch mal „schlampiger“, „schlechter“ oder in Ihrem aktuellen Verständnis „falsch“ zu machen. Dabei ergibt sich nicht selten, dass aus dem Experimentieren mit dem was wir jetzt für „Fehler“ halten, neue Blickwinkel für Zusammenhänge entstehen, wenn wir die Wirkung auf uns als Ganzes beobachten. Und manchmal entstehen daraus die besseren Möglichkeiten.

Neue Beziehungen im eigenen Körper entdecken

Oft ist uns nicht bewußt, wie unser Rücken dazu beitragen kann die Arme zu heben, um auf der PC Tastatur zu schreiben.
Oder wie die Blickrichtung unserer Augen vielleicht mit Anspannungen im Nacken oder mit im Kiefer zusammenhängen kann. Und wie wir etwas dran verändern können.

Ein Mann, der sich in seinem Beruf häufig bücken musste, um etwas aus Schubladen heraus zu ziehen, kam mit Schmerzen im unteren Rücken, nachdem vieles andere nicht dauerhafter geholfen hatte. Als ich ihn bat diese Bewegungen ein paar mal zu machen, sah ich, dass er jedesmal beim Bücken den Kopf leicht in den Nacken nahm und sein Nacken dabei fest wurde. Wenn man das ausprobiert, kann man spüren, wie sich dabei der untere Rücken anspannt und verkürzt und dies die Bewegungsmöglichikeiten einschränkt.
Er war nie auf die Idee gekommen, dass seine Art den Kopf zu halten beim Bücken mit seinen Rückenschmerzen zu tun haben könnte. Indem er mit der Zeit andere Möglichkeiten lernte, wie er seinen Nacken frei lassen konnte und sein Rücken dabei lang bleiben konnte, verschwanden seine Rückenschmerzen.

Im eigenen Körper zu spüren, welche Wirkung die Freiheit des Nackens auf die Beweglichkeit des Rückens entfaltet, ist von anderer Intensität und „Wirklichkeit“, als wenn uns das jemand sagt.

Wenn wir die Wirkung von Bewegungen und Haltungen in einem Körperteil auf ein anderes deutlicher wahrnehmen, hilft das Verbindungen in uns selbst zu klären, die vielleicht neue Handlungsmöglichkeiten erlauben.

Mit achtsam wahrgenommenen Bewegungen das eigene Selbstbild erweitern

Wenn wir in den Bewegungssequenzen neue, ungewohnte Erfahrungen machen, die über unsere vertrauten Haltungs- und Bewegungsmuster hinaus zeigen- oder ein verändertes Körpergefühl erfahren – kann sich in einem Lernprozess unser Körper- und Selbstbild erweitern – und das wird direkt körperlich erfahrbar.