uGerades“ Selbstbild

In eine Feldenkrais Stunde kam eine Frau, die über wiederkehrende Kopfschmerzen, sowie Schmerzen im Nacken und im Kiefer klagte.

Während sie auf der Liege auf dem Rücken lag und ich ihren Kopf in meinen Händen hielt, fragte ich sie etwas. Während sie antwortete, spürte ich, wie sich beim Sprechen ihr Kopf, Nacken und Brustkorb anspannte und fest wurde.
Sie selbst konnte ihre Anspannung zunächst nicht wahrnehmen. Ich bat sie ihren Kopf ein paarmal leicht hin und her zu drehen ohne zu sprechen. Danach bat ich sie mit dem Kopf das gleiche zu tun, während sie dabei sprach. Dabei spürte sie, dass jedesmal, wenn sie anfing zu Sprechen, das Kopfdrehen nicht weiter möglich war. Dadurch erst wurde ihr gewohnheitsmäßiges Muster für sie spürbarer, wie sie beim Sprechen die Beweglichkeit von ihrem Kopf, Nacken und Schultern deutlich beeinflusste. Auch als ich sie bat, an das was sie erzählte, nur zu denken, wurde ihr Nacken wieder fest.  
Denken ist oft an Worte gebunden, so dass Denken und Sprechen nicht weit auseinander liegen. Daher werden oft auch beim Denken die Muskeln aktiviert, die wir beim Sprechen benutzen (Haben sie schon mal beobachtet, dass man sich meist dann verschluckt, wenn man gerade dabei ist in Worten zu denken und gleichzeitig etwas schlucken will?)

Während wir uns in dieser Stunde weiter mit Bewegung, Atmung und Sprechen beschäftigten, wurde ihr Brustkorb flexibler und ihr Nacken konnte seine nicht benötigten Anspannungen loslassen.
Als sie sich am Ende der Stunde aufsetzte, war ihre Körperhaltung verändert, nach ihrer Empfindung saß sie mühelos aufrecht, sie hatte keine Schmerzen mehr und konnte sich in alle Richtungen drehen.
Nach einer Weile begann sie in einer kleinen, kaum sichtbaren Bewegung den Kopf und die Schultern nach hinten zu ziehen und den Rücken durchzudrücken. Als ich sie auf diese Bewegung ansprach, war sie überrascht, sie hatte diese Bewegung selbst nicht bemerkt.
Auf die Wirkung angesprochen sagte sie: „jetzt bin ich wieder gerade.“ „Und was ist der Unterschied zu der Haltung, die sie vorher hatten?“ „Da war ich entspannt, bequem, aber ich hatte das Gefühl, ich lasse mich hängen“ Und sie erzählte, wie sie früher als Kind immer zum „Gerade Halten“ mit dem Besenstiel im Kreuz aufgefordert worden war.
Dieses Gefühl hatte sie verinnerlicht als „gerade“, Auf die Wirkung dieser Haltung angesprochen, wurde ihr deutlich, dass dabei ihr ganzer Nacken und Kiefer wieder stark angespannt war, und sie begann zu ahnen, dass sie möglicherweise damit viel selbst zu ihren Nacken- und Kopfschmerzen beitrug.
Aber es brauchte noch lange Zeit, bis sie ihr bisheriges Bild von „gerade“ mit dem neuen bequemeren Muster einer veränderten Körperhaltung verbinden konnte.